Vortrag & Diskussion

Von „Made in Germany“ zu „Arbeit macht frei“ – Das antisemitische Erbe „deutscher Arbeit“.

Vortrag und Diskussion mit Autor und Antisemitismusexperte Dr. Nikolas Lelle

Wann:
Mittwoch 03.04.2024
19:00 Uhr

Wo:
commune
Futterstraße 4
66111 Saarbrücken

Dass Deutsche auf ganz besondere Weise arbeiten, wird in den unterschiedlichsten Zusammenhängen immer wieder hervorgehoben: besonders genau, besonders fleißig, qualitativ besonders hochwertig – „Made in Germany“ eben. Es ist diese besondere moralische Aufwertung von Arbeit, die ein spezifisches ideologisches Selbstbild hervorbringt und gleichzeitig ein abwertendes Fremdbild transportiert. Eindrucksvoll wird dies in der aktuellen Debatte um angeblich arbeitsscheue und faule Flüchtlinge dargelegt, denen wie selbstverständlich die arbeitssamen Deutschen gegenübergestellt werden.

Der Autor und Antisemitismusexperte Nikolas Lelle verweist auf eine spezifische Kontinuitätslinie in der deutschen Geschichte, in deren Mittelpunkt ein besonderes Verständnis von Arbeit, näher von „deutscher Arbeit“ steht, die völkisch aufgeladen als Instrument der Ab- und Ausgrenzung dient. Diese unheilvolle deutsche Tradition kulminierte über den Nationalismus des 19. Jh. auf grausame Weise im Nationalsozialismus. Unter Verweis auf „deutsche Arbeit“ begründete der NS nicht nur sein antisemitisches Weltbild, sondern auch Praktiken der Verfolgung und Vernichtung.

Die immer wieder auftauchende Behauptung, dass sich Deutsche durch ihre besondere Art der Arbeit hervortun, zeigt, dass die normative Tiefendimension des Topos „deutsche Arbeit“ unterhalb der Oberfläche weiter gärt und kann als Versuch rechter Krisenverarbeitung der Moderne interpretiert werden.

Antifaschismus bedeutet, sich dieser Arbeitsideologie entschieden in Theorie und Praxis entgegenzustellen. Nicht die Arbeit, sondern die Nichtarbeit ist der Horizont der Emanzipation!