8. März 2025

Unserer Aktivitäten am feministischen Kampftag

Die 4-Stunden-Liga war am 8. März auf der Straße – unter anderem in Kassel, Saarbrücken und Berlin – um den feministischen Kampftag zu begehen. In Saarbrücken und Berlin hielten wir Redebeiträge, die den feministischen Kampf als untrennbaren Teil des Klassenkampfs thematisierten. Wir haben klargemacht: Geschlechtergerechtigkeit braucht radikale Arbeitszeitverkürzung und die Vergesellschaftung von Sorgearbeit! Gemeinsam mit tausenden Demonstrierenden haben wir gezeigt, dass der Kampf gegen patriarchale Gewalt, Ausbeutung und rechte Angriffe jeden Tag weitergeht – und dass wir ihn organisiert führen. Also her zu uns! Lasst uns unsere Kämpfe verbinden – Join the League!

Zum Video unseres Redebeitrags in Berlin

Unsere Aufrufe zum feministischen Kampftag 2025

Frauen arbeiten aktuell im Schnitt etwa 46 Stunden pro Woche und damit 1,5 Stunden mehr als Männer. 30 Stunden ihrer Arbeit sind unbezahlt. Dabei leisten sie rund 9 Stunden pro Woche mehr an unbezahlter Sorgearbeit als Männer – das sind ganze 44%. Gleichzeitig arbeiten Frauen deutlich häufiger in Teilzeit (50% der Frauen und nur 13% der Männer) und sind dadurch öfter von Altersarmut bedroht. Der in Umfragen am häufigsten genannte Grund für eine Teilzeitanstellung bei Frauen ist die Betreuungspflicht (bei Männern ist es Bildung).

Hinzukommt, dass Frauen pro Stunde aktuell ca. 16% weniger verdienen als Männer. Selbst bei gleichen Positionen beträgt der Unterschied 6%. Frauen haben auf dem Arbeitsmarkt jedoch schlechtere Chancen als Männer und arbeiten häufiger in Berufen mit geringerem Lohn, weshalb der erste Wert entscheidend ist.

Das beschriebene Gender-Care-Gap sowie das Gender-Pay-Gap hängen eng miteinander zusammen. Beide basieren auf einer patriarchalen Abwertung nicht nur von Frauen, sondern von allem, was nicht dem gesellschaftlichen Bild von Männlichkeit entspricht. So sind auch queere, non-binäre und trans*Personen eher von struktureller Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt betroffen und müssen mehr Zeit für Sorge aufwenden.

Sorgearbeit wird mit Weiblichkeit assoziiert, strukturell abgewertet, im öffentlichen Sektor dadurch schlechter bezahlt und seltener von Männern ausgeführt. Oftmals schwingt dabei die Vorstellung mit, dass Frauen einen natürlichen Hang zu den darunter gefassten Tätigkeiten hätten. Durch diese gesellschaftliche Zuweisung fühlen sie sich aber auch häufiger dazu verpflichtet, private Sorgearbeit zum Großteil zu übernehmen und so Abstriche beim Lohn sowie der Freizeit zu machen. Männern wird in klassischen Familien nach wie vor eher die Rolle des „Ernährers“ zugeschrieben, der hauptsächlich das Geld nach Hause bringt und deshalb eher in Vollzeit arbeitet.

Diese geschlechtsbedingte Arbeitsteilung samt der Abwertung von Sorgearbeit wird durch die Norm des 8-Stunden-Lohnarbeitstages zementiert. Eine Veränderung dieses Verhältnisses wird dadurch erheblich erschwert. Die radikale Verkürzung der Lohnarbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich ermöglicht hingegen, die Verantwortung für Sorgearbeit gerechter unter den Geschlechtern aufzuteilen und eine kurze Vollzeit für alle ohne Abstriche.

Leben im kapitalistischen Patriarchat bedeutet für Frauen, queere, non-binäre und trans*Personen, einen erheblichen Mehraufwand an Zeit. Es bedeutet mehr Zeitaufwand, weil sie in der vergeschlechtlichten Arbeitsteilung sowohl (gering) bezahlte Lohnarbeit, als auch unbezahlte Sorgearbeit machen. Sie arbeiten mehr und haben weniger Zeit für sich.

Es bedeutet aber auch mehr Zeitaufwand, weil sie die alltäglichen Grenzverletzungen, die körperlichen Übergriffe, die sexualisierenden Blicke und verletzenden Kommentare verdauen müssen. Von klein auf erleben sie in dieser Gesellschaft (sexuelle) Gewalt, beständige Abwertung und die Infragestellung ihrer Person. Diese Erfahrungen mit patriarchaler Herrschaft richten innere Versehrungen an. Sich von diesen zu emanzipieren, kostet viel Energie und Zeit. Es braucht Zeit, um eigene Verletzungen zu verarbeiten und es braucht Zeit, anderen dabei zur Seite zu stehen, das Gleiche zu tun.

Zudem müssen diejenigen, die Degradierungen aufgrund ihres Geschlechts erfahren, unter Umständen mehr Zeit aufbringen, um eine politische Stimme zu finden. Aus dem öffentlichen Leben waren Frauen als Personengruppe lange Zeit ausgeschlossen. Das gilt auf unterschiedliche Weise ebenso für queere, non-binäre und trans*Personen. Für die Entwicklung eines eigenen, sicheren Standpunkts müssen sie also erst Orte des kollektiven Handels suchen und schaffen, da es diese im kapitalistischen Patriarchat kaum gibt.

Die dafür notwendige Zeit wird uns jedoch in einem System genommen, in dem wir gegeneinander konkurrierend auf den Verkauf unserer Arbeitskraft angewiesen sind und in dem die Bedingungen, unter denen wir unsere Arbeitskraft verkaufen, immer weiter verschärft werden.

Deswegen ist die Forderung nach radikaler Arbeitszeitverkürzung auch eine feministische Forderung. Radikale Arbeitszeitverkürzung schafft die Bedingungen dafür, dass wir individuell wie kollektiv die Kraft sammeln können, die uns patriarchale Gewaltverhältnisse und eine rigide Geschlechterordnung jeden Tag nehmen. Sie verschafft Zeit, um die Zumutungen zu verarbeiten, die uns geschlechtsbedingt abverlangt werden. Weniger Zeit für Lohnarbeit bedeutet zudem mehr Zeit, um gegen Zurechtweisung, Infragestellung, Degradierung und patriarchale Herrschaft zu kämpfen und das heißt: mehr Zeit für feministische Solidarität.

Der 8. März ist ein feministischer Kampftag – gegen patriarchale Gewalt, gegen rechte Angriffe, gegen Ausbeutung. Aber wir kämpfen nicht nur gegen das Schlechte – wir kämpfen auch und vor allem für das Gute: Für eine Zukunft, in der Lohnarbeit und Abhängigkeit nicht unser Leben bestimmen. Eine Zukunft, in der Zeit nicht mehr ein Privileg ist, sondern allen gehört. Und diese Zukunft ist möglich, wenn wir sie uns nehmen!

Stellen wir uns eine Gesellschaft vor, in der … 4 Stunden Lohnarbeit genug sind – und danach ist wirklich Feierabend. Sorgearbeit ist keine private Zusatzbelastung mehr, sondern öffentlich organisiert: In gut ausgestatteten Kitas, Kantinen und Reinigungsdiensten, als Teil gesamtgesellschaftlicher Arbeitszeit. Freizeit ist für alle da, nicht nur für die, die sich das „verdient“ haben – Zeit für Kultur, Freund*innen, politische Kämpfe oder einfach fürs Nichtstun. Technologie wird für Menschen genutzt, nicht gegen sie: Automatisierung verkürzt die Arbeitszeit, statt Arbeitsplätze zu vernichten – weil Leben wichtiger ist als Profite. Überstunden zu machen ist peinlich und „Burn-out“ ein Fremdwort. Ob wir eine Beziehung führen oder nicht kann frei entschieden werden, ohne finanzielle Abhängigkeit. Arbeit dient dem Leben – nicht andersrum. Produziert wird, was die Gesellschaft wirklich braucht, nicht was sich für das Kapital lohnt.

4 Stunden Arbeit am Tag. Mehr nicht. Bei vollem Lohnausgleich. Das ist nicht nur möglich, sondern bitter notwendig – damit niemand im Hamsterrad aus Lohnarbeit und unbezahlter Reproduktionsarbeit zerrieben wird oder von einem „Alleinverdiener“ abhängig bleibt. Wir kommen dahin, wenn wir unnötige Bullshitjobs streichen und notwendige Arbeit gerecht aufteilen, damit alle weniger schuften. Wenn Sorgearbeit endlich vergesellschaftet wird: Betreuung, Pflege, Reinigung und Kochen gehören in die Arbeitszeit – nicht in die Freizeit. Wenn Patente offenliegen und Technik kollektiv genutzt wird: Wissen für alle, Automatisierung endlich als Werkzeug zur Befreiung – um uns mehr freie Zeit zu schaffen, nicht um Profite zu maximieren. 4 Stunden für die Arbeit – den Rest des Tages fürs Leben.

Eine Gesellschaft, die uns gehört. Stellt euch vor: Kitas, Schulen, Pflegeheime und Krankenhäuser sind perfekt ausgestattet. Es gibt genug Personal, niemand hetzt von Patient*in zu Patient oder betreut 25 Kinder alleine. Kochen, Putzen, Reparieren passiert während der Arbeitszeit: Kantinen für alle, öffentliche Wäschereien, Reinigungsdienste – damit Feierabend wirklich Feierabend ist. Niemand muss mehr Angst vor Armut haben: Wohnen, Gesundheit, Bildung und Mobilität sind kostenlos und für alle da – weil wir uns nicht ausbeuten lassen, sondern füreinander sorgen. Und nach der Arbeit bleibt Raum für Leben, Politik, Naturschutz, Kreativität, Zeit für Kunst, Sport, Freund:innen, Diskussionen, Musik, politische Bildung oder einfach fürs Nichtstun. Eine Gesellschaft, in der die Zeit uns gehört – weil wir sie uns genommen haben!

Und wie kommen wir dahin? Indem wir uns organisieren – mit Kolleg*innen, Freund*innen und Nachbar*innen. Dabei dürfen wir uns nicht durch Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft, Religion oder Berufe spalten lassen. Wir stehen solidarisch Schulter an Schulter mit allen Arbeiter*innen, denn unsere Kämpfe sind verbunden. Wir müssen zusammen kämpfen – im Betrieb, in der Gewerkschaft, auf der Straße. Ein bewährtes Mittel im Klassenkampf war, ist und bleibt der Streik – denn wenn wir den kapitalistischen, patriarchalen Laden nicht am Laufen halten, macht es niemand. Lasst uns uns nehmen, was uns gehören sollte: Produktionsmittel wie Fabriken und Maschinen in Arbeiter*innenhand – damit wir selbst bestimmen, was wir schaffen und wie wir leben!

Join the League! Radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Bezahlen muss das Kapital. Wir setzen auf Solidarität statt Vereinzelung, Erschöpfung und Ausbeutung. Für vollumfängliche Geschlechtergerechtigkeit, für eine Gesellschaft ohne Zwang und Abhängigkeit. Die Zeit für eine gute Zukunft gehört uns – holen wir sie uns! Kommt zur glorreichen 4-Stunden-Liga!